SCHÖN, DASS SIE REINSCHAUEN ...
... hier erscheinen in unregelmässiger Folge Heiteres, Albernes, aber auch bissige Satire















2012/01/29

Die vier Rappen des Teufels

Es war einmal ein hartherziger Edelmann, ein rechter Leuteschinder, der nichts lieber tat, als seine Tagelöhner zu plagen und zu drücken. Eines Tages versetzte ihn ein geringes Vergehen seines braven Gärtners in den fürchterlichsten Zorn. Er schwur mit tausend Eiden, er wolle den Mann mit den Hunden vom Hof jagen und für vogelfrei erklären, wenn er nicht die große Linde vor dem Schlosse in zwei Stunden fällen und vor die Tür schaffen würde.

Der arme Mann weinte die bitterlichsten Tränen. Niemand durfte ihm helfen, Pferde und Ochsen standen ihm nicht zu Gebote. Was sein Herr verlangte, konnte er unmöglich erfüllen. Eine Stunde war schon vergangen, und noch immer saß er ratlos unter dem mächtigen Baume, als plötzlich ein Wagen vor ihm hielt, der mit vier Rappen bespannt war und von einem kleinen Männchen mit langem grauen Barte kutschiert wurde.

„Willst du den Baum mit oder ohne Wurzeln vor das Schloss gebracht haben?" fragte er den Leibeigenen. Er wartete aber keine Antwort ab, sondern holte eine hölzerne Hacke vom Wagen und schlug damit rund um den Stamm auf den Erdboden. Sogleich stürzte der Baum um, nur ein Würzelchen verband ihn noch mit dem Erdreich.

„Die Wurzel musst du durchschlagen, dazu bin ich nicht imstande“, forderte das Männchen. Sogleich schlug der Gärtner sie mit der Axt durch.

Der Graue ergriff den Baum mit beiden Händen, warf ihn auf den Wagen und trieb die Rosse an. Aber die Last war ihnen zu schwer, sie konnten nicht von der Stelle. Hui, wie sausten da die Peitschenschläge hernieder, und das half auch. Die Tiere rasten, aus den Nüstern helle Feuerflammen blasend,den Berg hinauf, durch das Tor und machten auf dem Schlossplatz zitternd und bebend halt.

Der Herr schaute gerade zum Fenster hinaus und war vor Schreck wie versteinert. „Schöne Pferde, nicht wahr?“ rief das graue Männchen zu ihm herauf. „Hier, die beiden sind dein Vater und deine Mutter, und die Vorderpferde sind deine Großeltern. Wenn du und dein Weib euch nicht bessert, werde ich wohl bald mit sechsen fahren.“

Sprach's und verschwand, und mit ihm verschwanden Wagen und Rappen. Allein der entwurzelte Baum erinnerte noch an das unheimliche Ereignis.

Der Edelmann nahm sich die Sache sehr zu Herzen und ward von Stund an ein neuer Mensch. Den Gärtner entließ er aus der Leibeigenschaft und schenkte ihm einen eigenen Hof, und er lebte glücklich und zufrieden sein Leben lang.

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