SCHÖN, DASS SIE REINSCHAUEN ...
... hier erscheinen in unregelmässiger Folge Heiteres, Albernes, aber auch bissige Satire















2011/12/30

Redensarten und Sprichwörter: Modern wie nie zuvor

Sprichwörter und Redensarten gehören wie selbstverständlich zu unserem täglichen Sprachgebrauch - manche sind bis zum Erbrechen ausgereizt. Kaum jemand weiss etwas über deren Urspung, jedoch ist der allgemeine Irrglaube weit verbreitet, sie seien althergebracht. Doch dem ist nicht so! In Wirklichkeit haben viele von ihnen aktuelle Bedeutung.

Das vielseitig-unrühmliche Wirken der Bahn fordert den Volksmund zu diesbezüglichen Kreationen geradezu heraus. So bedeutet der Ausdruck "es ist letzte Eisenbahn", dass mal wieder eine Strecke stillgelegt wird und hier der letzte Zug unterwegs ist, bevor die Schienen abgebaut werden. "Abkupfern" dagegen meint die illegale Variante des Abbaus, nämlich: die Oberleitungen zu stehlen. Welcher Fahrgast ist nicht schon am Fahrkartenautomaten verzweifelt, weil der "nur Bahnhof verstand"? Dass "auf etwas abfahren" von begeisterten Fahrgästen geprägt wurde, ist dagegen eine unbewiesene Behauptung von Grubes PR-Abteilung. Gab es nicht einmal Pläne in der Verkehrspolitik, aus ökologischen Gründen mehr Transporte auf die Schiene zu verlegen? Der Zug ist abgefahren.

Verspätungen? Alles Hirngespinste. "Einmal ist keinmal" - und das nächste Mal ist ja wieder einmal, also wieder kein Mal. Nicht zuletzt verdanken wir den heutigen High-Tech-Zügen den Ausdruck: "ein Rad abhaben". Geradezu Horror scheinen die ICEs ja vor Wolfsburg zu haben. Mal fahren sie ohne Halt durch, mal bleiben sie kurz vor der Stadt stehen und streiken. Ich kenne diese zweifellos schöne Stadt nicht, aber werden dort möglicherweise "abends die Bahnsteige hochgeklappt"?


"Ein weites Feld" bezüglich Redensarten ist auch die Politik. Beleuchten wir zuerst einmal die aus Brüssel. "Eulen nach Athen tragen" meint den Euro, der ja in Griechenland eine Eule zeigt. Griechenland und all die Profiteure der Umverteilerei jubeln daher auch: EU "verleiht Flügel". Befürworter dieses Irrsinns in den Geberländern dagegen "sägen an dem Ast, auf dem sie sitzen".

Die europäische Idee an sich hätte ja etwas für sich, wenn man den Völkern etwas mehr Zeit liesse. Gut Ding will Weile haben, Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut. Die politisch erzwungenen Hau-Ruck-Aktionen der letzten Jahre dagegen geben nur das Gefühl: "Wer mit Hunden zu Bett geht, steht mit Flöhen auf".

"Alles Gute kommt von oben" klingt da wie der reine Hohn. Und den Spruch "Je mehr Gesetz, desto weniger Recht" kann man ohne weiteres erweitern auf: "Je mehr Brüssel, desto weniger Demokratie". Meine persönliche Meinung zur EU: Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.

Doch auch die inländische Politik ist reich an Sinnbildern. "Alter schützt vor Torheit nicht" beschreibt den Durchschnittspolitiker im allgemeinen. "Auf tausend Narren kommt ein Weiser", so war einmal der Bundestag geplant. Leider sind es dann nur 620 Abgeordnete geworden.

Sogar Merkels Jacken sind in die idiomatische Hall Of Fame eingegangen, weil sie "keine gute Figur machen". Die Kanzlerin ist ja eine Meisterin des Wortes, darum gehen auch "Sage nicht immer, was du weistt, aber wisse immer, was du sagst" und "jemanden abkanzeln" auf ihre Kappe.

"Kassenschlüssel schliessen alle Schlösser" und "Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft" - das betrifft den Mann, über den man nichts sagen darf. Er verklagt einen sofort, weil man angeblich sein Amt missachtet. Es gibt aber auch Leute, die eine Beleidigung darstellen für das Amt, das sie bekleiden.

Einen klitzekleinen Gefallen hatte die Politik auch der Pharmaindustrie tun wollen mit der künstlich geschürten Schweinegrippe-Hysterie. Aber irgendwie sind die Leute nicht drauf angesprungen. "Wie bestellt und nicht abgeholt" deshalb der Impfstoff in den Lagern - die letztendliche Vernichtung mussten wir Steuerzahler nun auch noch blechen.

Selbst die zu Recht so abkratzende FDP hat ihr eigenes Sprichwort: "Ein Unglück kommt selten allein". Ein Ausspruch musste allerdings modernisiert werden. "Stillstand bedeutet Rückschritt" heisst seit Schröder unselig: "Reformen bedeuten Rückschritt".

Horst Seehofer zeigt einmal mehr, wie man sich um 180° dreht, indem er erklärt, "Karl-Theodor" zurückgewinnen zu wollen. Man sagt ja auch: "Die Wahrheit von heute ist die Lüge von morgen."
">Ich bin ein angesehener Mann<, sagte der Dieb am Schandpfahl." Warum drängt sich ständig das Thema Guttenberg auf? Er ist doch schlank, warum "kommt man nicht an ihm vorbei"? "Totgesagte leben länger." Scheint so, leider. Unkraut vergeht eben nicht.
"Adel verpflichtet" - zu was, zum Angeben? Wer braucht schon einen Doktortitel? Einbildung ist auch eine Bildung.

Lange Rede, kurzer Sinn: Wahrer Adel liegt im Gemüt, nicht im Geblüt.Jedoch meint der Volksmund auch: "Herrenfürze sind nunmal edler". Hochmut kommt vor dem Fall. Na, da wird es Zeit, dass der edle Fu Herr mal wieder stolpert.


Nicht mehr lange, und 2012 "geht ab wie eine Rakete". Silvesterfeten sind meiner Meinung nach "viel Lärm um nichts" (es kommt wie es kommt), aber man muss die Feste feiern, wie sie fallen. Kleiner Warnhinweis: Wer im Glashaus sitzt soll keine Knaller werfen.

Scherben bringen Glück, darum zerschmeisst schnell Mutters gutes Porzellan:
Glückliches und Gesundes Neues Jahr wünscht MUS

2011/12/24

Bettina Wulff: Den Deutschen geht es gut

Bettina Wulffs Bitte um Weihnachtsfrieden für ihre Familie ist verständlich und legitim. Warum muss sie ihre Äußerungen aber mit einer weiteren Ohrfeige für einen großen Teil der Deutschen verbinden? Ihr Gatte hat bezüglich Ausgrenzung Ostdeutscher, Armer und anderer unterprivilegierter Gruppen wohl schon genug Schaden angerichtet. Er wollte der Präsident aller Bürger sein - ein billiges Lippenbekenntnis. Nie zuvor hat ein Bundespräsident große Bevölkerungsgruppen verbal dermassen ausgegrenzt. Mein Präsident ist er nicht. Und die Türken haben bereits einen.

Die Frau des Bundespräsidenten soll folgendes geäußert haben: "Ihre Erfahrung sei, dass es vielen Menschen in Deutschland “wirklich gut” gehe. >Wir sollten in Deutschland häufiger darauf schauen, was gut läuft und nicht immer nur auf das, was uns Probleme bereitet<, betonte sie."
http://www.elo-forum.net/shortnews/2011122343016.html

In ihrer gesellschaftlichen Stellung muss man in der Lage sein, über den Schicki-Micki-Tellerrand des wulff'schen Freundeskreises zu blicken. Oder den Mund halten. Für Menschen, die ums tägliche Überleben kämpfen, die auch in diesen Tagen auf dem Teller keinen Unterschied merken, für Kinder, deren Weihnachtsgeschenke in einem Schulranzen oder dringend benötigten Kleidungsstücken bestehen, sind ihre Worte der reine Hohn.
Allen Lesern ein erholsames und ruhiges Weihnachtsfest! Möge jeder die Feiertage nach seiner Facon verbringen, ob in Familie oder allein am Computer. Auch die, die aus diversen Gründen arbeiten müssen, sollen nicht vergessen sein.

Ihr Lieben, denkt an die Euren und einmal weniger an Euch selbst. Vorhin verliess eine junge Familie geschenkbepackt unser Haus. Es war noch nicht einmal 14 Uhr. Wie eilig sie es hatten, ins Auto (Kennzeichen von hier) zu steigen und wegzukommen! Großeltern beziehungsweise Urgroßeltern zu Geschenklieferanten degradiert, deren Gesellschaft man aber nicht einmal eine Stunde ertragen mag. Sich einmal im Jahr kurz blicken lassen um einzusacken, und die Alten die restlichen 8759,5 Stunden (im Schaltjahr 8783,5) ihrer Einsamkeit überlassen. Obwohl das Fest mir als Heidin nichts bedeutet, macht es mich traurig, so etwas zu beobachten.


Präsident möchte man in diesen Tagen wahrhaftig nicht sein. Kein Weihnachtsfrieden für den Bundeskreditnehmer, dessen Weihnachtsansprache so widersprüchlich wie farblos ist. Will er nun den Islam fördern oder Demokratie und Zusammenhalt in der Gesellschaft? Islam und Demokratie passen nicht zusammen, Islam und Demokratie sind Gegensätze. Unsere Toleranzpolitiker wissen nicht, was sie tun.

Und wenn er behauptet, zuversichtlich zu sein, der eingeschlagene Weg würde Europa aus der Schuldenkrise führen, ist er entweder verboten naiv oder er sagt nicht die Wahrheit. Umschulden ist nur Aufschieben, auf einen Grünen Zweig kommt man so nie. Stattdessen werden die, denen es noch einigermassen ging, mit in den Abgrund gezogen. Danke übrigens, Merkel&Konsorten, für dieses Geschenk!

Väterchen Ministerpräsident Putin ist auch kein Weihnachtsfriede gegönnt, die Demonstranten fluten Russlands Straßen. Aber die Orthodoxen feiern ja auch erst am 7.Januar. Dass dieser eifrige Selbstdarsteller übrigens heutzutage auch in der Kirche abgelichtet wird, wundert mich schon. Entweder war er der einzige gläubige KGB-Offizier, oder er hat eine erstaunliche Wandlung vollzogen.
Auch die jüngsten Gesetzes-Bescherungen von Ministerpräsident Viktor Orban werden von den Ungarn mit Protesten beantwortet. Ex-Ministerpräsident Ferenc Gyurcsany wurde sogar zusammen mit anderen Demonstranten festgenommen. Und Ex-Ministerpräsidentin Timoschenkos siebenjährige Haftstrafe ist soeben vom Berufungsgericht bestätigt worden. Syriens Präsident Baschar Hafiz al-Assad hat schon lange keine Freunde mehr.

Präsident Obama geht's etwas besser: ihm haben die Republikaner zwei Monate Aufschub geschenkt im Steit um finanzielle Erleichterungen bei den Sozialabgaben. Und Präsident Raul Castro feiert sich selbst mit einer Massenamnestie.

Hier Weihnachtsgrüße von Ministerpräsident Netanjahu an die Christen der Welt - mir ist nicht bekannt, dass zum Beispiel Präsident Ahmadenedjad etwas in der Art veröffentlicht hätte.
http://www.youtube.com/watch?v=qnKwHJL5Sqk&feature=player_embedded

Wenn man lange genug auf der ganzen Welt sucht, findet man auch ein Weihnachtswunder. So wird uns dieser Tage das Rührstück präsentiert, wie ein seit dem Tsunami Weihnachten 2004 von der Familie tot geglaubtes indonesisches Mädchen ihre Eltern wiedergefunden hat.
http://elo-forum.net/shortnews/2011122342995.html

2011/12/22

Maria Catharina Flint - Geschichte eines Romanprojekts

Den Anstoss zu diesem Projekt gab ein Literaturwettbewerb. Ausgeschrieben zum 31. Januar 2010 war ein historischer Roman. Unglücklicherweise erfuhr ich aber erst Anfang Dezember davon: unmöglich, in weniger als zwei Monaten (inklusive Recherche) eine ordentliche Arbeit abzuliefern. Da jedoch Schwierigkeiten mich immer umso mehr reizen, je größer sie sind, wollte ich das Projekt unbedingt in Angriff nehmen. Ich hatte nicht nur kein Thema, sondern bis dato überhaupt nichts Historisches verfaßt. Ein Krimi und zwei Kinderbücher schlummerten in der virtuellen Schublade, publiziert waren lediglich einige Kurzgeschichten.

Über Lebens- und Denkweise der Menschen in früheren Jahrhunderten meinte ich aber gut Bescheid zu wissen, denn ich hatte in meiner Jugend historische Romane en masse verschlungen. Das war damals, in jener fernen Zeit, als Belletristik noch die Qualität hatte, wirklichkeitsnah und glaubhaft geschrieben und sorgfältig recherchiert zu sein. Nicht zu vergleichen mit den bunten, reißerischen Abenteuerstories, die heute die Buchläden und Bahnhofskioske fluten und dabei vorgeben, historische Geschehnisse abzubilden. Meine Eingeweide rotieren, wenn ich mit mehr als abenteuerlichen Frauengeschichten konfrontiert werde, die nicht das mindeste mit der historischen Lebenswirklichkeit meiner Geschlechtsgenossinnen zu tun haben. Ich weiss: ich schweife ab, aber das musste mal gesagt werden.

Mit den besten Voraussetzungen also und viel Elan stürzte ich mich ins Stadtarchiv meiner Wahlheimat Stralsund. Die Vorauswahl an möglichen Themen gewann "Maria Flint". Die ledige Näherin wurde vor fast 250 Jahren hingerichtet, weil sie ihr Neugeborenes getötet hatte. Wie ich in hier und da geführten Gesprächen bald erfahren sollte, ist ihr tragisches Schicksal noch heute jedem echten Stralsunder geläufig. Je tiefer ich ins Thema eintauchte, umso mehr wurmte mich aber auch die völlig falsche Überlieferung der Begebenheit. Denn selbstverständlich hatten vor mir schon einige Autoren das emotionsträchtige Thema bearbeitet, sogar ein niederdeutsches Bühnenstück existiert.

Die fehlerhafte Darstellung fängt schon bei dem Umstand an, dass "Maria Flint" ein stehender Begriff ist, obwohl ihr Rufname Catharina war. Die existierenden Romane – als Regionalliteratur von gewissem Bekanntheitsgrad – sind mehr oder weniger Phantasieprodukte. Da ich ein ganz klein wenig Perfektionistin und dito vom Besserwisser-Virus befallen bin, wollte ich das also alles viel besser machen. Vor allem liegt mir daran, das tägliche Leben der Menschen damals recht genau abzubilden. Der Leser soll die Handlung erleben, ja geradezu physisch spüren.

Schon im 18. Jahrhundert sorgte die Angelegenheit für viel Aufsehen. Und das war nicht nur der Tatsache geschuldet, dass der Mann (ein rügenscher Junker im Dienst der schwedischen Truppen), der die Hauptschuld an Catharinas Schicksal trug, mit einigen Kumpanen in einer Nacht-und-Nebel-Aktion die Delinquentin aus dem Gefängnis befreite, obwohl diese nicht befreit werden wollte. Sie hatte ihre Schuld nie geleugnet. Die jungen Herren Offiziere setzten Catharina im Morgengrauen mit etwas Geld versehen in der Nachtbarstadt in eine Postkutsche, bevor die Stralsunder sich recht berappelt hatten.

Natürlich wurde sie daraufhin steckbrieflich gesucht in "teutschen Landen". Aber zur zeitgenössischen Sensationsstory avancierte die Affäre erst, als Catharina nach cirka einem Jahr ans Stralsunder Stadttor klopfte – abgerissen und barfuß – und darum bat, nun ihre Schuld sühnen zu dürfen. D a s hat die Gemüter damals bewegt, und nicht wenige bekannte Persönlichkeiten verwendeten sich für sie, als das Todesurteil gesprochen worden war. Die Aufklärung war in vollem Gange, und man sah Hinrichtungen damals schon kritisch. Nach und nach schafften die Länder in diesen Zeiten zumindest die Tortur ab.

Manche Literaturforscher behaupten, die Begebenheit hätte den jungen Goethe zu seiner später entstandenen Figur "Gretchen" inspiriert. Ich bezweifle das allerdings - solche Frauenschicksale waren damals keine Seltenheit. Allerdings wurde dafür kaum noch die Todesstrafe verhängt und vollzogen.


Nun, was soll ich Euch sagen: natürlich habe ich den Abgabetermin nicht geschafft; und das Projekt träumte seitdem in Gestalt von Dateien, Notizen und unzähligen Zetteln vor sich hin. Von meinem Schreibtisch blicke ich seit 2 Jahren auf eine Wand, die gepflastert ist mit Kopien von Stichen, Schriftstücken, Gemälden aus dieser Zeit. Eine Karte von Stralsund und die meisten Stadttore sind darunter. Menschen in zeitgenössischer Kleidung. Die Rechnung des Henkers, der nicht, wie viele seiner Berufsgenossen, ein tumber Sadist, sondern ein gebildeter Mann war. Das alles ist nicht nur Zierde, sondern vor allem als Inspiration gedacht gewesen.

Und doch ist mir die Geschichte irgendwie untergegangen, bis Catharina zu ihrem 246. Todestag am 20. Dezember auf ihr Recht gepocht hat. Und nun darf ich die Sache nicht länger aufschieben.

2011/12/11

... und nun die Vorhersage der Lottozahlen!

Ich bin eine abscheulich schlechte Menschin! Herz- und gefühllos, gemein und abschaumig. Es gibt auf dieser Welt eine Person, die mich anfleht, mir helfen zu dürfen, aber ich lasse es widerwärtigerweise nicht zu. Wer das ist? Keine Ahnung. Ihr Name klingt weiblich, aber in dem Metier kann es ebensogut ein Er, Es oder Roboter sein. Dieses Subjekt also macht seine Sache sehr geschickt, selbst ich erfahrene alte Hexe muss das zugeben. Und doch bin ich so fies, nicht zu reagieren.

Worum es geht? Eine Wahrsagerin, Medium, Astrologin oder was auch immer - belästigt, will sagen belustigt mich seit Wochen per E-Mail. Sie(?) will mein Problem lösen, sogar Probleme, die ich gar nicht habe - sowas Nettes! Sie hat 13 Stunden lang meine Sterne analysiert - ohne Auftrag, völlig auf blauen Dunst hin - sowas Fleißiges! Ein paar Absätze weiter waren es sogar mehrere Tage. Sie(?) wird alles in ihrer Macht (Hört, hört!) Stehende tun und nicht ruhen, bis mein Glück vollkommen ist. Sowas Selbstloses! Dreizehn Stunden, jaja: hätte sie mal auf die Zahl geachtet. Ihr Radar oder womit immer sie arbeitet, hätte ihr schon sagen müssen, dass sie damit bei mir kein Glück hat.

Jedenfalls werde ich bald im Reichtum schwimmen. X hat mir das genaue Datum mitgeteilt, von dem ab ich sowohl dreißig Tage, als auch drei Monate UND auch sechs Monate Glück haben werde. Ich fürchte, soviel geballtes Glück kann ich gar nicht vertragen. Aber dann hat X bestimmt auch eine Lösung für mich parat.

Mein Leben wird eine entscheidende Wende nehmen, denn so günstig standen meine Sterne noch nie. Toll, nicht wahr? DOCH DA! Fernes Donnergrollen grummelt gräßlich am Horizont. Der Odem erstarrt vor Grauen! Grimmig dräuend lauert Grundböses in meiner Nähe, das mir dieses Glück nicht gönnt. Grell grinst der Grusel aus der Gruft und greift mit graugrünen Griffeln grantig nach meinem grandiosen Geschick. Nicht grübeln, noch greinen: denn großherzig und gütig wölbt sich Xs schützende Hand über mich. Flauschig-weichen, balsamduftenden Glückswolken befiehlt sie(?) mich zu kosen. Fukushima-artig strahlend gestaltet sie meine Zukunft. Genauer: sie(?) schreibt, sie(?) wird einen Schutzzauber über mich verhängen, so dass ich selig weiterträumen kann. Wirklich vielseitig, das alte Mädchen(?).

Natürlich kann ich meine bevorstehende einmalige Glücksphase nur optimal nutzen, wenn ich mich nach ihren Ratschlägen richte, is ja klar. Was mich das kostet? Weissichnich, aber sie(?) hat mir eine verbürgt zugesicherte Zusage auf Geld-Zurück-Garantie versprochen. Und dann glaube ich das natürlich auch. Sicherlich kann so ein übermenschliches Wesen meine Aura mit einem einzigen Gedanken für immer verpesten, wenn ich es wagen sollte, an ihr zu zweifeln. Auch kann ich wirklich voll auf X vertrauen, denn sie hat schon für Hunderte von Menschen das Glück beschworen.

Das ist noch längst nicht alles. Dieses Juwel der guten Feen kann sogar die Lottozahlen vorhersagen! Sie wird mir auf meinen Wunsch mitteilen, wann ich welche Zahlen spielen soll. Ihr Pech, dass ich aus Prinzip kein Lotto spiele. Und wenn ich es ausnahmsweise einmal versuche? Dann behält sie in jedem Fall Recht: wenn ich nicht gewinne, dann weil ich sie nicht nach den Zahlen gefragt habe. Sollte ich aber den Jackpot knacken, liegt es an der prophezeiten Glückssträhne.

X zerreisst sich geradezu vor Eifer, mir zu nützen. Sie(?) kann es kaum erwarten, dass ich ihr erlaube, mir zu helfen. Und das alles, obwohl nie eine Zeile von erhalten, nie von mir gehört hat. Ist das nicht süüüss? Eine Vision hat ihr übrigens mitgeteilt, dass ich eine aussergewöhnliche Persönlichkeit bin und bisher viel Pech im Leben hatte, und das könnte sie ja schliesslich nicht wissen, wenn sie keine übersinnlichen Fähigkeiten hätte. Aber ich Schloch stelle mich quer, will nichts von ihren Diensten wissen und nicht zahlen. Nu hat die Ärmste vielleicht an Weihnachten nix zu beissen und ich mache mich noch darüber lustig: nee wat bin ick boshaft! Ich verbrenne jetzt meine Kleeblattsammlung und krümele die Asche auf meine Perücke.

P.S. Letzter Stand: Wenn ich mich jetzt nicht endlich melde, kann sie(?) die mysteriöse Bedrohung vielleicht nicht länger aufhalten. Also, falls Ihr nie wieder von mir hören solltet: WISH YOU ALL THE BEST!!

2011/12/03

Wie werde ich Satanist?

Anleitung von Francesco Maria Guazzo im „Compendium Maleficarum“ (1608)

Man muss:
1. dem christlichen Glauben abschwören
2. wiedergetauft werden und im Namen des Teufels einen neuen Namen annehmen
3. die Spuren der christlichen Taufsymbole durch die Berührung des Teufels ausgelöscht haben
4. seine christlichen Eltern verleugnen und zwei neue Paten auswählen
5. als Zeichen der Unterwerfung dem Teufel ein (kostbares) Kleidungsstück opfern
6. den Treueeid auf den Teufel im magischen Kreis schwören
7. seinen neuen Namen in das Buch des Todes einschreiben
8. versprechen, dem Teufel Kinder zuzuführen
9. versprechen, einen jährlichen Tribut an den Teufel zu zahlen
10. das Teufelsmal empfangen, das eine geheime unempfindliche Stelle des Körpers markiert
11. dem Teufel geloben, heilige Reliquien zu zerstören und die Geheimnisse des Sabbats nicht preiszugeben

2011/12/02

Geschüttelreimt hab' ich fleißig - s'ist Nonsens, das weiss ich

Voll Steinblöcke liegt die Wiese
keine ist so voll wie diese.
und öfter bei den großen Steinen
die Leute, die sich stoßen, greinen.
Es ging mal durch die Wiesen Nolte
auf einmal er stark niesen wollte.
Er denkt, da hilft wohl bloss 'n Grog
steht dabei vor nem grossen Block.
Ein Schafbock auf dem Blocke sitzt,
der Base ihre Socke blitzt.
Er sieht, die Socke hat 'n Loch
sie ruft: "Nimm mal die Latt’n hoch!"
"Nimm lieber du den Block weg, Base
weil ich sonst den Bock wegblase."
In ihrer Hand die Latte prangt
mit Schwung nach Onkels Platte langt
und als der wieder niesen muß
sie denkt: "Ich koch' der miesen Nuss
statt Grog in meiner Wut Tee.
das hilft, denn sein Kopf tut weh."