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... hier erscheinen in unregelmässiger Folge Heiteres, Albernes, aber auch bissige Satire















2012/02/23

Das Petermännchen im Schweriner Schloss


Sage aus Mecklenburg

In den Gängen und auf den Treppen des Schweriner Schlosses geht bis auf den heutigen Tag ein Geist um, das Petermännchen genannt.

Er ist ein Zwerg und sieht recht garstig und grausig aus. Gekleidet ist er wie ein Reitersmann aus dem Dreißigjährigen Kriege und trägt einen gewaltigen Knebelbart. Seine Kleider sind grau wie der Sandstein des Schlosses, und am Gürtel hat er einen Bund verrosteter Schlüssel zu hängen. Die machen, wenn er geht, ein gewaltiges Gerassel; genau wie die mächtigen eisernen Sporen an den Stulpenstiefeln. Auf dem Kopf trägt er einen großen grauen Federhut.

Lässt das Petermännchen sich blicken, so hiess es früher, gibt es bald darauf einen Todesfall im Geschlecht derer von Mecklenburg. Es geht aber manchmal auch eine weiße Frau um, und dann darf das Petermännchen sich nicht sehen lassen. Auch in der heiligen Weihnacht darf er, wie alle bösen Gespenster, nicht umgehen. Außerdem kann man ihn mit einem krähenden Hahn in die Flucht schlagen.

Sonst ist er aber ein störrischer Gesell, der sich aus Bannsprüchen und Weihwasser nichts macht. Er soll auch schon Geistlichen, die versuchten, ihn zu bannen, Grimassen geschnitten und lose Reden wider sie geführt haben.

Lässt er sich auch selten blicken, so kann man ihn doch oft hören. Er pocht und klopft, rasselt mit den Schlüsseln, wirft die Türen und lässt ein lautes, heiseres Lachen ertönen. Begegnet man ihm doch einmal auf den engen Treppen oder in den Gängen, so spreche man schnell ein Stoßgebet. Sonst wird man gepackt, ehe man sich's versieht, und die Treppen hinuntergeworfen – wohl dem, der's mit heilen Gliedern übersteht.

Am liebsten jedoch erscheint er in der Galerie, welche sich im ersten Stock um den Innenhof zieht. Hier stapft er bei Tage wie bei Nacht in seinen großen Stiefeln herum, ficht mit den Armen und knurrt und brummt wie ein boshafter Kater. Begegnet ihm hier jemand, wirft er ihn zwar nicht von der Galerie herunter, aber bläst ihn an mit seinem grabeskalten Odem, so dass einem angst und bange wird. Derjenige bleibt wie betäubt stehen, bis ein anderer Mensch zu Hilfe kommt. Danach ist man lange krank und nicht wenige sind bald darauf gestorben.

Einen jungen Soldaten hat der Kobold einst sogar auf der Stelle getötet, weil er nicht an ihn glauben wollte. Der Bursche war erst kurze Zeit im Dienste des Herzogs von Mecklenburg, und seine Kameraden warnten ihn vor dem Petermännchen. Da lachte er und wollte nichts davon wissen. Als er nun aber allein auf Schildwache stand, da kam plötzlich der Geist direkt auf ihn zu. Er dachte, die Kameraden hätten einen Zwerg verkleidet, um ihn zum Besten zu haben; legte an und rief: „Steh und gib Antwort, du kleiner Hexenkerl, oder ich gebe Feuer!“

Da schnitt das Petermännchen eine böse Grimasse, sprang ihn an, wie es Katzen tun und gab ihm eine Ohrfeige. Da stürzte der junge Bursche zu Boden und war augenblicklich tot. Seine Kameraden aber hatten alles aus der Ferne mit angesehen.



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