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... hier erscheinen in unregelmässiger Folge Heiteres, Albernes, aber auch bissige Satire















2012/02/12

Werwölfe in Mecklenburg

1

Eine junge Frau, deren Mann aus rätselhaften Ursachen häufig abwesend war, schöpfte den Verdacht, dass er ein Werwolf wäre.

Eines Tages arbeiteten beide auf dem Felde. Nach kurzer Zeit schlug sich der Bauer in die Büsche und kam nicht wieder. Plötzlich aber kam ein Wolf aus dem Gebüsch gesprungen. Er lief auf die Frau zu, faßte mit den Zähnen ihren roten Rock und zerrte sie hin und her. Durch Schreien und Schlagen mit der Hacke konnte sie ihn vertreiben.

Bald darauf trat der Mann aus demselben Busche, wo der Wolf verschwunden war. Sie klagte ihm die ausgestandene Angst. Er lachte, und dabei zeigten sich steckengebliebene Wollfäden zwischen seinen Zähnen.

Die Bäuerin zeigte ihren Mann dem Richter an, und er wurde verbrannt.


2

In Vietlübbe bei Lütz lebte vor mehr denn 300 Jahren ein beherzter Bauer. Eines Tages ritt er in die Stadt, um Einkäufe zu machen. Als er auf dem Rückweg war, wurde es schon dunkel, und er musste durch einen finsteren Tann. Als er durch einen Bach ritt, dessen Ufer mit Erlengestrüpp bewachsen waren, wurde das Pferd unruhig. Schließlich wollte es nicht weiter vorwärts. Erstaunt über das ungewohnte Benehmen des Tieres, wollte er absteigen, um es am Zügel zu führen. Da sprang ein Wolf aus dem Ellerndickicht und schnappte nach dem Pferde.

Da brauchte der Bauer das Pferd nicht mehr antreiben, es lief, was es konnte, um dem Feind zu entrinnen. Doch bald war es erschöpft, der Verfolger holte es ein und sprang ihm nach der Kehle. Der Bauer aber dachte bei sich, dass es schon seit Jahrhunderten in der Gegend keine Wölfe gäbe und dass das Untier vielleicht ein Werwolf sei. Es ging nämlich ein Gerücht im Dorfe, dessen er bisher nicht geachtet hatte, von einem Nachbarn, der sich verwandelte und manche Beute nach Hause brächte.

Nun hatte unser Bauer auch gehört, dass so ein Werwolf augenblicklich seine menschliche Gestalt annehmen müsse, wenn man ihn beim Taufnamen riefe. Als daher der Wolf das Pferd zu zerfleischen drohte, rief er: „ Bist du das, Gevatter Johannes Nieber?“

Kaum waren die Worte aus seinem Munde, als der Wolf sich in einen Menschen verwandelte und sein Gevatter vor ihm stand und ihn flehentlich bat, er möge nichts nachsagen. Er wollte ihm auch nie wieder etwas zuleide tun und den Schaden, den das Pferd durch die Bisse erleiden musste, ersetzen.

Der Bauer versprach zu schweigen, ließ ihn aber zuvor geloben, sich nie wieder in einen Werwolf zu verwandeln. Man hat auch in der Gegend nie wieder etwas von einem Werwolfe gehört.


Illustration: http://www.kostenlose-grafiken.de

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