SCHÖN, DASS SIE REINSCHAUEN ...
... hier erscheinen in unregelmässiger Folge Heiteres, Albernes, aber auch bissige Satire















2012/02/06

Hans und der Hexenritt


Es war einmal ein alter Bauer. Dessen Weib hatte es mit Hans, dem Knecht.

Eines Abends, als der Bauer schon im Bett ist, aber die Frau noch in der Küche, da tritt der Hans zu ihr herein. Sie ist aber gerade dabei, ihrem grauen Kater und sich selbst die Beine mit einer Salbe zu bestreichen.

„Was machst du da?“ fragt Hans.

Die Bäuerin antwortet: „ Ich will auf den Blocksberg, willst du reinen Mund halten, kannst du mit und mein Bediensteter sein.“

Darauf heißt sie ihn den schwarzen Hahn holen. Als beide Tiere mit der Salbe bestrichen sind, stehen da mit einem mal ein Grauschimmel und ein schwarzer Hengst. Die Frau setzt sich auf den Grauen, spricht:

„Up und davon,

nirgends an!“

und fort geht’s mit ihr durch den Schornstein.Jetzt springt Hans auch auf seinen Hengst, und da sie gesagt hat, er solle ihr alles nachtun, er aber den Spruch nicht recht gemerkt hat, sagt er:

„Up und davon,

alleweg an!“

und da geht’s auch mit ihm durch den Schornstein, aber auf der weiteren Reise prallt er bald gegen einen Baum, bald gegen einen Felsen. So kommt er ganz zerschunden schließlich auf dem Blocksberg an. Das Bauernweib ist schon abgestiegen und heißt ihn die Pferde halten und bei den anderen Bedienten bleiben. Nach einiger Zeit werden sie zwar zum Schmause geholt, aber als es ans Lieben geht, werden die Knechte fortgeschickt. Als alles vorüber ist, setzen sie sich wieder auf die Pferde und reiten heim. Den Hans aber wurmt es, dass er nicht hat mittun dürfen, und er verübelt der Hexe auch die vom Hinritt zerschlagenen Glieder. So überwirft er sich mit der Bäuerin und geht bald darauf anderswo in Dienst.

Er nimmt sich aber vor, der Hexe einen Schabernack zu spielen. Mit einigen Kameraden versteckt er sich abends am Kreuzweg unter aufgestelltem Ackergerät. „Wollt ihr sehen, wie das Weib mit dem Altknecht zum Blocksberg reitet, so kommt mit.“

Sie sitzen auch nicht lange in dem Versteck, da hören sie schon den Hufschlag. „Seht, seht,“ ruft Hans, „das alte Bauernweib auf ihrem Grauschimmel, und hinter ihr auf dem Rappen, das ist der Altknecht!“

Sie bemerken, dass die beiden gegen den Kreuzweg reiten, aber nicht hinüberkönnen, sondern längs des einen Weges ihren Ritt fortsetzen müssen.

Am anderen Tag ist Hans auf dem Felde, als er plötzlich bemerkt, wie seine ehemalige Bäuerin sich nähert. Vergeblich sieht er sich um, wo er sich verstecken könnte. Da verfällt er auf einen langen Strick, der auf dem Wagen liegt. Flink holt er ihn, schlingt ihn um den Leib und dann zwischen den Beinen durch, den Rücken hinauf über die Schulter, worauf er die Enden vorn mit einem Kreuzknoten zusammenbindet. Nun trägt er vorn und hinten ein Kreuz, und die Alte kann ihm nichts anhaben.

Als sie herankommt, und das sieht, verlegt sie sich aufs Bitten. Sie gibt ihm gute Worte: er möge doch wieder zu ihr ziehen, und es solle allles vergessen sein. Hans antwortet, er hätte kein Verlangen danach. Da bittet sie, doch wenigstens seinen Kameraden zu sagen, dass sie gestern nicht auf dem Grauschimmel geritten sei und bietet ihm zwanzig Taler dafür an. Das verspricht er zu tun und bekommt das Geld.

Als er aber abends mit den anderen Knechten bei einem Krug Bier sitzt, sagt er zu ihnen: „Hört mal, ich habe euch gestern gesagt, dass das alte Bauernweib auf dem Grauschimmel reitet. Das ist aber gar nicht wahr: sie ist nur auf ihrem grauen Kater geritten.“

Sage aus Mecklenburg


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