SCHÖN, DASS SIE REINSCHAUEN ...
... hier erscheinen in unregelmässiger Folge Heiteres, Albernes, aber auch bissige Satire















2012/02/08

Im galaktischen Vergnügungsviertel


Das Weltall erscheint uns so rätselhaft und fremd, vor allem aber so unfaßbar weit, daß viele Menschen seine Dimensionen am liebsten verdrängen. Wer denkt schon gern darüber nach, wie verletzlich wir sind und wie bedeutungslos; die wir uns festklammern an einem Brocken Materie, der im All weniger als ein Staubkörnchen ausmacht. Unser gerühmter blauer Planet, Alles für uns menschliche Mikroben, ist in Wahrheit ein absolutes Nichts!

„Astronomie, das ist mir zu hoch“, denken die meisten, „das kann ich sowieso nicht verstehen oder mir vorstellen.“ Diese Scheu ist jedoch völlig unbegründet. Das Leben im All verläuft völlig normal, ja geradezu vertraut. Das Dasein der Sterne und Galaxien muss uns nicht länger bedrohlich und unverständlich erscheinen, wenn wir ihr geheimes Leben erforschen und uns verdeutlichen, wie sehr ihre Existenz der menschlichen ähnelt.

Lassen Sie uns gemeinsam den Alltag in unserer Galaxiengruppe beleuchten, und Sie werden sehr bald Verständnis, ja Sympathie für die Sterne entwickeln.
Sterne werden nicht wie wir geboren, sondern vom Klapperstorch gebracht.

Unterlassen Sie das!
Ich kann deutlich erkennen, was hinter
Ihrer Stirn vorgeht! Bis morgen schreiben Sie einhundertmal
den Satz „Ich soll mir nicht die Sterne beim Sex vorstellen!“

Wir wissen so gut wie nichts über die Lebens- und Arbeitsweise des intergalaktischen Klapperstorchs, denn er nutzt die sogenannten planetarischen Nebel, um sein Treiben zu verbergen. In dieser undurchsichtigen Schutzhülle wachsen die kleinen Sternenbabies, von unseren neugierigen Teleskopen unbehelligt, heran. So ein Sternenkindergarten ist zum Beispiel der Orion-Nebel.

Schon den kleinen Sternenkindern paukt man ein, „Die Kraft“ zu fürchten. Wer sein Dasein fromm und genügsam verbringt, so erfahren sie, den wird „Die Kraft“ nicht zu belohnen vergessen. Je kleiner und bescheidener, um so länger lebe ein Stern.

Die großen Supersterne dagegen, die Angeber und Verschwender, verbrennen in nur wenigen Millionen Jahren in ihrem eigenen Kernfeuer. Ihr Ziel ist es meist, zur Supernova zu werden, um die Bewunderung und den Neid aller zu erregen. Ob das gelingt, bleibt fraglich, denn in ihrer rücksichtslosen Ruhmsucht zerstören sie andere mit. Für dieses fragwürdige Ziel verausgaben sich die Riesensterne völlig. Doch was kommt danach? Eine einzige spektakuläre Explosion, um dann vielleicht ein Leben als Neutronenstern zu führen, unbedeutend; selbst gegenüber den weißen Zwergen winzig wirkend, und ob der ungeheuren eigenen Masse an schmerzenden Füssen leidend in Ewigkeit?

Rote Zwerge sind die Vorbilder, die man den kleinen YSOs (young stellar object’s) unter die Nase reibt, die netten Omis und Opis des Alls. Auch unsere Sonne wird schon in einem Dutzend Jahrmillionen zu so einem Sympathieträger werden!

Wenn die Kleinen nicht parieren, wird ihnen mit dem fürchterlichen, alles verschlingenden schwarzen Loch gedroht. Ein Ammenmärchen, sagen die einen. Jedenfalls habe man noch keinen Stern erzählen hören, dass er es wirklich gesehen hätte. Kein Wunder, sagen die anderen. Es verschlucke ja jeden, der sich ihm nähert! Soviel zur Sternenpädagogik.


Unsere Milchstraße dagegen ist ein Altersheim, denn ihre Nebel können keine neuen Sterne mehr hervorbringen. Ihre ältesten Sterne werden auf zwölf Milliarden Jahre und älter geschätzt. Das ist weiter nichts Schlimmes, sondern eher ein Grund zum Stolz, denn die großkotzigen Riesensterne werden ja gar nicht so alt!

Da Sterne fast durchweg sehr gebildet sind, haben sie auch alle ihren Marx gelesen und wissen seitdem: „Einigkeit macht stark!“ Aus diesem Grund haben die einzelnen Galaxien sich zu Galaxienhaufen verbündet. Unserer heißt Lokale Gruppe. Die Milchstraße und die Andromeda-Galaxie sind die Supermächte und geben in der Organisation den Ton an. Triangulum und die Große sowie die Kleine Magellansche Wolke versuchen noch dagegen anzustinken, aber das ungefähre Dutzend Zwerggalaxien hat nichts zu melden und ist froh, den Schutz der Großen geniessen zu dürfen. Immerhin wird die Union der Lokalen Gruppe noch durch die Gravitation zusammengehalten, während das restliche All allmählich auseinanderdriftet.

Unter den verschiedenen Galaxien und Gruppen herrscht oftmals Abneigung, wenn nicht gar Rassismus. Kein Stern wagte sich in eine fremde Galaxie, weil er hemmungslos gemobbt würde!
So ist alles straff organisiert und jeder weiss, wie er zu rotieren hat. Die kleinen umkreisen die jeweils grösseren und suchen eifrig nach der Stelle, wo man ihnen in den Hintern kriechen kann. Das kommt Ihnen doch sicher bekannt vor, nicht wahr?

Bei aller strengen Ordnung geht es natürlich nicht ohne ein Vergnügungsviertel. Denn wenn man erst einmal Unzufriedenheit aufkommen läßt, könnte das zu Unruhen oder gar einer Revolution führen; welche doch immer ein ziemlich unangenehmes Durcheinander verursachen. Erinnern Sie sich noch an den Urknall? War ja mal ganz nett, aber ein paar Billionen Jahre Planungssicherheit sind auch nicht zu verachten.

Die ultimative Attraktion auf dem megagigantischen Rummelplatz ist Pulsaria, die Tänzerin, die sich rasend schnell dreht. Mit wehendem Schleier, geschmückt mit funkelnden Steinen, sendet sie im rasenden Takt ihres Tanzes gleissende Strahlen aus, um Zuschauer anzulocken. Der zuckende, schnelle Rhythmus der Pulse ist verheißungsvoll und warnend zugleich. Und wie alle Schlampen hat sie eine magische Anziehungskraft auf ihre Verehrer.

Lechzend stieläugeln unsere lieben Senioren nach ihr. „Die Kraft“ hat sie gestraft für ihre Lüsterheit - mit ewigem Siechtum als weisse Zwerge. Pulsaria dagegen würdigt sie keines Blickes - wen kümmern schon kaum leuchtende Zwerge – aber sie nährt sich von ihrer Bewunderung.

Unnötig zu erwähnen, daß die „guten“ roten Zwerge sich natürlich nicht auf dieser sündigen Meile sehen lassen.

Da wäre noch etwas zu erwähnen, das Sie sicher brennend interessiert: die extraterrestrischen Lebewesen. Ich muss Sie enttäuschen: sie sind reine Fama. Warum sollte die Natur einen so gravierenden Irrtum wie unsere Erschaffung zweimal machen? Fragen Sie doch mal einen gewissen Mr. Spock, ob das logisch wäre!

Illustration: http://www.freegifs.de

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