SCHÖN, DASS SIE REINSCHAUEN ...
... hier erscheinen in unregelmässiger Folge Heiteres, Albernes, aber auch bissige Satire















2011/10/21

Armes, reiches Geburtstags"kind" Liliane

Liliane Bettencourt wird heute 89 - doch es dürfte kaum eine gemütliche Familienrunde geben. Dass ausgerechnet ihre "Rabentochter" Francoise die Vermögensverwaltung übernehmen soll, verbittert Madame besonders. Sie droht mit Auswanderung. Ihr Anwalt sagt, das französische Zivilrecht verbiete es auch Entmündigten nicht, das Land zu verlassen. Ich nehme an, das ist so richtig, auch wenn es mich wundert. spiegel-online meint dazu: "Ihre Tochter ließ sie entmündigen, aber den Mund lässt sich die Mutter dennoch nicht verbieten." Oh nein, wenn sie sich auch zeitweise nicht einmal an ihre Enkel erinnern kann: sie genießt es, sich öffentlich zu äußern, gibt bereitwillig und ohne jede Diskretion Interviews.
 


Ich arbeite gewöhnlich bis spät in die Nacht am Computer und mache danach noch einen Nachtspaziergang mit meinen Katzen. Vorgestern morgen um ca. 2.30 Uhr begegnete uns im Hausflur ein älterer Mann im Schlafanzug, der einen etwas ratlosen, aber sonst netten Eindruck machte. Er bat mich, die Haustür offenzuhalten, ging hinaus und betrachtete das Haus. Dann nickte er und murmelte, zurückkehrend: "Das ist wohl richtig." Ich muß dazu sagen: Er kam mir vage bekannt vor, aber bei 72 Mietparteien kennt man eben nicht jeden so genau. Dann überraschte er mich mit der charmanten Formulierung: "Wissen Sie, ich bin demenzkrank. Das ist ... man verliert..." Man verliert Erinnerungen, gelegentlich findet man sie aber auch wieder. Ich fand es insoweit bemerkenswert, daß ich noch nie von Betroffenen selbst gehört habe: "Ich bin demenzkrank."
 

Madame Bettencourt ist zu dieser Einsicht offensichtlich nicht fähig. Obwohl ein Gutachten und nachfolgend auch das Vormundschaftsgericht festgestellt hat, daß sie an Morbus Alzheimer leidet, will sie das nicht wahrhaben. Stattdessen überzieht sie die Personen, die sie (möglicherweise) lieben, sich verantwortlich fühlen und Sorgen um sie machen, seit Jahren mit Beschimpfungen, die ihre Mutterliebe als sehr fragwürdig erscheinen lassen. So soll sie ihre einzige Tochter im Juni "gestört" genannt haben. Der Sonntagszeitung "Journal du Dimanche" sagte sie: "Meine Tochter sollte zu einem Psychiater gehen angesichts ihrer vielen psychologischen Probleme." Falls das so wäre, müßte man die Ursache vermutlich in Francoises Kindheit suchen ...

spiegel-online berichtet weiter: "Die milliardenschwere Hauptaktionärin des Kosmetikkonzerns L'Oréal hat ihrer einzigen Tochter bereits vor zwei Wochen einen "Atomkrieg" angedroht, sollte die ihre "Schikanen" nicht beenden." Die Schikanen bestehen darin, daß Tochter Francoise versucht, dem Schmarotzertum der Entourage von Madame einen Riegel vorzuschieben. Bettencourt wird als lebenslustig beschrieben, sie ist gern von Freunden umgeben. Das ist nichts Schlimmes. Aber wenn ich mit Millionen um mich werfe, finden sich natürlich reichlich "Freunde" ein. Das zu erkennen, scheint Madame aber nicht in der Lage zu sein. Wenn man lieber einem Heer von dubiosen Beratern und Anwälten Vertrauen schenkt, als den eigenen Angehörigen, stehen die Chancen, schamlos ausgenutzt zu werden, weitaus besser als die der Wiederwahl ihres Protegés "Le Couvert" Sarkozy. Der Wunsch, Liliane Bettencourt vor sich selbst zu schützen, erscheint mir legitim.

Der Tochter wird in der Berichterstattung gern Gier vorgeworfen. Ich denke, man tut ihr damit Unrecht. Francoise Meyers ist nicht nur frei von finanziellen Soregn, sondern Geld dürfte in ihrem Leben überhaupt nicht die überragende Rolle spielen. Sie ist sehr religiös und Wissenschaftlerin, keine Geschäftsfrau.
Wohin wird die bisher "reichste Frau Frankreichs" nun auswandern? Vielleicht nach Persien, wo sie Unterstützung für den "Atomkrieg" finden könnte? Wie schade, daß sie nicht mehr über die Mittel verfügt, sich die Freundschaft von Ahmadinejad zu erkaufen.
 

Übrigens konnte mit Hilfe einer weiteren Nachtschwärmerin der alte Herr in unserem Treppenhaus einer Wohnung und einer Ehefrau zugeordnet werden. Das nächste Mal weiß ich, wo er hingehört.

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