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... hier erscheinen in unregelmässiger Folge Heiteres, Albernes, aber auch bissige Satire















2011/11/01

demos kratos á la Papandreou

Wird es in Griechenland, wie Papandreou gestern verkündete, ein Referendum über die "Euro-Rettung" geben? Können wir, die wir den Rettungs-Irrsinn seit Monaten mit hilflosem Kopfschütteln verfolgen, noch hoffen? Möglicherweise hat es der griechische Ministerpräsident ja einfach satt, seinen Kopf hinzuhalten für drakonische Maßnahmen, die seine Wähler verabscheuen. AFP meldet dazu: "Außer dem massiven Protest auf der Straße und dem Widerstand der konservativen Opposition sieht sich der Regierungschef von der Panhellenischen Sozialistischen Bewegung (PASOK) auch wachsendem Unmut innerhalb seiner eigenen Partei gegenüber."

Vielleicht handelt es sich aber auch nur um einen Trick, um das Volk vorübergehend ruhigzustellen? Abstimmungen kann man so lange wiederholen lassen, bis das Ergebnis stimmt. Plötzlich und unerwartet kann es passieren, dass man nicht das nötige Geld für die Durchführung des Referendums hat. Man kann es bis Sankt Nimmerlein aufschieben, vergessen, oder äußere Zwänge (wie z.B. die „Troika“) können einem einen Strich durch die Rechnung machen. Vielleicht rät auch das Orakel von Delphi ab …

Mit den europäischen "Partnern" scheint die Ankündigung jedenfalls nicht abgestimmt gewesen zu sein: die Empörung über soviel Demokratie erscheint zu ehrlich, um gespielt zu sein. Im abgrundtief demokratischen Europa soll ein Volk über seine Zukunft abstimmen!! Europas Polit-“Größen“ reagieren je nach Temperament irritiert, aufgebracht, überrascht, bestürzt. Vor allem Sarkozy ist geschockt, drohen doch neue Gefahren für seine Großbanken. Merkel und Sarko kündigten umgehend an, sich beraten zu müssen. (Wie lange sich die anderen EU-Staaten noch mitansehen, dass die beiden immer wieder zu zweit etwas auskaspern, was dann den „Partnern“ angedreht wird, wäre auch einmal eine interessante Frage.) Brüderle und einige andere drohen Griechenland unverblümt mit Zahlungsstopp. Aber dass es im Falle eines "Nein" mit den Hilfe-Milliarden vorbei sein würde, dürfte dem Griechenchef wohl auch klar sein.

Man sollte die internationalen Polit-Theater-Akteure aber nicht unterschätzen. Sie mögen keine Ahnung haben von dem was sie tun und entscheiden, aber einige von ihnen sind blendend darin, zu manipulieren, suggerieren, manövrieren ... Vielleicht ist das ganze Blabla nur Teil eines größeren Plans. Vielleicht sollen die Griechen so sanft hingelenkt werden zu der „richtigen“ Entscheidung.

Auch wienerzeitung.at zweifelt an den hehren Zielen Papandreous und zieht Parallelen zum Zockermilieu: "Griechenlands Ministerpräsident Giorgios Papandreou pokert extrem hoch. Sollte er es mit der Ankündigung, das griechische Volk über das zweite Hilfspaket abstimmen zu lassen, tatsächlich Ernst meinen, so wäre das am Pokertisch gleichbedeutend mit >All-in<: Alles oder nichts." Aber warum macht ein gewiefter Polit-Spieler so einen riskanten Zug? Verzweiflung kann ein Grund sein. Man sieht keinen anderen Ausweg mehr und hofft, dass der Gegner seine Karten wegwirft. Es können aber auch weitaus tiefgründigere Überlegungen dahinterstecken.

Was droht den Griechen im Falle eines „Nein“? Lassen wir mal die Tatsache beiseite, dass es nicht Griechenland ist und schon gar nicht das griechische Volk, das von den Milliarden und Abermilliarden profitiert, sondern immer wieder nur die Banken und Versicherungen. (Prompt reagierten „die Märkte“ auch wieder mit Kursstürzen auf Papandreous Ankündigung.) EU und IWF würden, vermutlich schon im Vorfeld der Volksbefragung, alle Zahlungen einstellen. Griechenland wäre ob seiner Wankelmütigkeit auf lange Zeit von jeder Kreditquelle abgeschnitten. Die Folge wäre nicht nur ein unvorstellbar härterer Sparkurs, sondern vermutlich würde die gesamte Administration zusammenbrechen. Möglicherweise gäbe es sogar einen Militärputsch, um das Land vor den offensichtlich unfähigen Demokraten zu beschützen. Jedenfalls flöge Hellas achtkantig raus aus dem Euro, vielleicht aus der EU. Was dann? Weiterwursteln wie bisher? Den Wohlhabenden Millionen an Steuern schenken, tote Rentner ernähren, einen aufgeblähten, ineffektiven Staatsapparat erhalten – das alles wäre nicht mehr drin.

Die Opposition fordert vorgezogene Neuwahlen – die die PASOK sicher verlieren würde - doch sie hat keine alternative Lösung. Die griechische Opposition hat sich zuletzt nur durch Verweigerung und destruktiven Populismus hervorgetan. Alles in allem wäre also eine Ablehnung der Sparmaßnahmen die Lösung, die das Volk am allerhärtesten treffen würde. Wenn die Griechen das einsehen, ist der Bluff gelungen.

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